Obdachlos
Die hohe Kunst, nicht zu erfrieren
Wir haben genügend Schlafplätze für Obdachlose - das betonen die Städte einhellig. Doch auf die Bedürfnisse der Wohnungslosen nach Sicherheit und Privatsphäre wird kaum eingegangen. Im öffentlichen Raum werden die Menschen verscheucht.
Weiße Weihnacht ist für sie keine schöne Kulisse zum Jahresende, sondern bedeutet den Kampf gegen das Erfrieren. Rund 20.000 Obdachlosen steht die härteste Zeit des Jahres bevor, in Fußgängerzonen, unter Brücken und Abluftschächten der U-Bahn. «Es ist eine hohe Kunst, im Freien zu übernachten und nicht zu erfrieren». Viele Städte halten sich für gut gerüstet, um Obdachlose in Notunterkünften aufzunehmen. Doch der Teufel steckt im Detail des Angebots.
Obdachlose sind in Fußgängerzonen und in Bahnhöfen oft nicht erwünscht. Zum Teil gibt es Platzverbote gegen sie. «Der öffentliche Raum schrumpft» denn einige Kommunen weisen Hilfsbedürftige einfach ab. Die Obdachlosen können ihren Rechtsanspruch auf eine Unterkunft in solchen Fällen meist nicht durchsetzen.

In Dortmund läuft in der kalten Jahreszeit seit 13 Jahren eine Winterhilfeaktion in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk. Für Obdachlose, die ungern die örtliche Übernachtungsstelle nutzten, halte die Stadt eingerichtete Wohnungen vor, in denen sie unterkommen könnten, sagte eine Sprecherin. Im Unterschied zu den Übernachtungsstellen könnten dort auch die Zimmertüren verschlossen werden.
Angst vor Diebstahl und Gewalt
Mit diesem Angebot geht Dortmund auf einen Bedarf ein, den viele Obdachlose haben. Dem entsprechen die Notunterkünfte nämlich meistens nicht. Dort ist es eng, es gibt keine Privatheit und keine Möglichkeit, Wertsachen einzuschließen. Häufig verlangen die Stärkeren sogenannte Eintrittsgelder, also eine Art Schutzgeld. Aus Angst, bestohlen oder drangsaliert zu werden, bleiben viele Obdachlose den Notunterkünften lieber fern.

In den anderen Städten in NRW sieht man, anders als in Dortmund, keine Notwendigkeit für besondere Maßnahmen. «Wir haben genügend Übernachtungsmöglichkeiten in diversen Häusern, die bei Bedarf auch aufgestockt werden können», sagen dort die Stadtsprecher.